Arbeit 4.0: Digitalisierung verändert Macht- und Beziehungsverhältnisse
Bericht zur Veranstaltung am 13. September 2021
Die Digitalisierung ist – neben dem Klimawandel – eine der Entwicklungen, die in den nächsten Jahren die größten Veränderungen und Implikationen für die Gesellschaft mit sich bringen wird. Auf Einladung des SPD-Bundestagskandidaten Andreas Mehltretter diskutierten vergangenen Montag Prof. Werner Widuckel, Professor für Personalmanagement und Arbeitsorganisation in technologieorientierten Unternehmen an der FAU Erlangen-Nürnberg, und Simone Burger, Vorsitzende des DGB-Kreisverbandes München, gemeinsam mit interessierten Bürger*innen die Chancen und Risiken, die sich aus der Digitalisierung insbesondere für die Arbeitswelt ergeben. /
„Die Verfügung, Verarbeitung, Verknüpfung und Analyse von Daten auf allen Ebenen des Wertschöpfungsprozesses entscheidet über den Einfluss auf Entscheidungen und Verhalten und schafft neue Abhängigkeitsverhältnisse“. Mit diesem Statement eröffnete Prof. Werner Widuckel, seinen Vortrag. Digitale Technologien werden zukünftig noch mehr als gegenwärtig schon sowohl kaufmännische, analytische, bearbeitende und dienstleistende Tätigkeiten betreffen. Sie werden insbesondere im Kontext von Entscheidungen eine wachsende Bedeutung haben. „Hier stellt sich die Frage:Wie weit darf auf der Basis von digitalisierten Verarbeitungs- und Auswertungsprozessen entschieden werden?“ Die Digitalisierung führe zudem zu einer umfassenden Transformation der Arbeit, die sozial und politisch gestaltet werden müsse. Sie werfe alte und neue Themen der sozialen Gerechtigkeit auf: tarifliche Absicherung, Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten, individuelle Beteiligungsrechte, Arbeitnehmer*innenstatus …
Wie schwierig der Umgang mit der zunehmenden Digitalisierung bei der gegebenen Rechtslage ist, erläuterte Simone Burger anhand konkreter Beispiele. Mitbestimmung durch die Betriebsräte sei bei den vielfältigen neuen Formen der Arbeitsorganisation wie Home-Office, mobiler Tätigkeit oder Plattformökonomie mit formal selbständigen Arbeitskräften kaum noch möglich. „Es müssen dringend die rechtlichen Rahmenbedingungen angepasst werden“, so ihre Forderung. „Wir brauchen eine stärkere Tarifbindung, den Ausbau der Dualen Berufsausbildung und gezielte Fortbildungs- bzw. Umschulungsmöglichkeiten insbesondere da, wo ,alte’ Arbeitsplätze verloren gehen – und den Bildungsurlaub endlich auch in Bayern.“
Wie facettenreich die Thematik ist, zeigte sich dann bei der offenen Diskussion. Hier reichten die Fragen von den Beiträgen der Digitalisierung zu den Produktivitätssteigerungen der Wirtschaft bis hin zu geschlechterspezifischen Umgangsformen mit z. B. den Home-Office-Angeboten.
Überzeugt von den Chancen, die die Digitalisierung bietet, zeigten sich alle drei Referent*innen. „Die positiven Gestaltungspotenziale der Digitalisierung geben Raum für eine Verbesserung der Qualität der Arbeit, Stärkung von Beteiligung und Verbesserung sozialer Absicherung. Diese soziale Gestaltung muss aber politisch auch durchgesetzt werden“, so das Fazit von Andreas Mehltretter. Er werde sich dafür einsetzen, dass die Digitalisierung nicht einfach so geschehe, sondern sie aktiv so gestaltet wird, dass sie allen Menschen zu Gute kommt.