106 Abgeordnete weniger:
Der Bundestag wird kleiner

17|03|2023

Das Wahlrecht wird fairer und gerechter, der Bundestag wird kleiner. In Zukunft wird er genau 630 Abgeordnete haben und damit 106 weniger als der aktuelle Bundestag.

„Mit dieser Reform setzen wir das um, was seit langem gefordert wird: Der Bundestag soll nicht immer weiter anwachsen. Die heute beschlossene Wahlrechtsreform ist Ausdruck der politischen Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit.“
Andreas Mehltretter

Bei der Bundestagswahl bestimmt die Zweitstimme die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag. Mit der Erststimme wird aktuell aber auch in jedem Wahlkreis ein:e Kandidat:in direkt gewählt. Das kann zu Überhangs- und Ausgleichsmandaten führen, und den Bundestag vergrößern.

In Bayern werden z. B. nach dem Bundeswahlgesetz 46 Abgeordnete direkt gewählt, weitere 46 ziehen über die Liste in den Bundestag ein. 2021 hatte die CSU in Bayern 31,7 % der Zweitstimmen, das wären 29 Mandate. Sie gewann aber 45 Direktmandate, so entstehen 16 Überhangsmandate. Damit diese Überhangsmandate die Mehrheitsverhältnisse aus den Zweitstimmen nicht verändern, erhalten die anderen Parteien Ausgleichsmandate.

§ 1 des Bundeswahlgesetzes regelt: "Der Deutsche Bundestag besteht vorbehaltlich der sich aus diesem Gesetz ergebenden Abweichungen aus 598 Abgeordneten." In den vergangenen 20 Jahren sind diese Abweichungen - die Überhangs- und Ausgleichsmandate - immer mehr geworden. Im aktuellen Bundestag sind dies 138 Mandate.

Die bisherigen Versuche, das Wahlrecht zu verändern, sind daran gescheitert, dass die Überhangmandate nicht angetastet wurden. Sie sind vor allem daran gescheitert, dass das oberste Prinzip der CSU in den Verhandlungen war, dass die CSU keine Mandate verliert. Dies ging so weit, dass im aktuellen Wahlrecht CSU-Überhangmandate teilweise nicht ausgeglichen werden, d. h. das Stimmergebnis zugunsten der CSU verzerrt wird.

Es geht bei der Wahlrechtsreform aber nicht um die CSU, es geht darum, ein faires und gerechtes Wahlrecht zu schaffen und den Bundestag zu verkleinern.

„In Zukunft ist allein die Zweitstimme für die Größe der jeweiligen Fraktion im Bundestag entscheidend. Die Erststimme bleibt erhalten, diese müssen aber durch das Zweitstimmenergebnis gedeckt sein. Die Erststimmen bestimmen in Zukunft darüber, wie hoch die Chancen des Bewerbers oder der Bewerberin auf einen Einzug in den Bundestag sind, lösen aber keinen Anspruch auf ein Mandat aus.“
Andreas Mehltretter

Überhangmandate gibt es nicht mehr. Nur so können wir gleichzeitig die Größe fix beschränken und ein faires Verhältniswahlrecht sicherstellen.

Zur Wahlrechtsreform gehört auch der Verzicht auf die Grundmandatsklausel. Diese Klausel wurde gerade von Expertinnen und Experten kritisiert, die von CDU und CSU für die Anhörung zur Wahlrechtsreform vorgeschlagenen wurden. Die Klausel sei im neuen Wahlsystem verfassungsrechtlich nicht mehr haltbar, sie lasse sich rechtlich nicht widerspruchsfrei begründen – schließlich lösen die Erststimmen in Zukunft keinen Mandatsanspruch mehr aus, und das sollte auch bei Parteien gelten, die unterhalb der 5-%-Hürde liegen. Das schrieben die Union Expertinnen und Experten in ihre Gutachten. Und das haben wir jetzt ins Gesetz geschrieben.

„Das System ist das gleiche wie bei der bayerischen Landtagswahl, auch dort gibt es eine 5-Prozent-Hürde ohne Grundmandatsklausel. Dass sich die CSU jetzt daran stößt, dies auch im Bund so zu regeln, verwundert mich sehr – dann hätte sie ja das Landtagswahlrecht eigentlich auch schon längst ändern müssen!“
Andreas Mehltretter

Die neuen Regeln im Überblick

  • Der Bundestag soll eine feste Größe von 630 Abgeordneten bekommen, die auch nicht mehr überschritten werden kann.

  • Erststimmen müssen durch das Zweitstimmenergebnis gedeckt sein.

  • Hat eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate als ihr nach den Zweitstimmen zustehen, werden die Direktmandate mit dem niedrigsten Erstimmenanteil nicht zugeteilt.

  • Es bleibt bei 299 Wahlkreisen, es wird aber 331 Listenmandate geben. Dadurch wird verhindert, dass es viele Wahlkreise ohne Direktmandat gibt.

  • Bisher konnte eine Partei, die weniger als 5 % der Zweitstimmen erreicht, aber drei Direktmandate erhalten hat, in den Bundestag einziehen. Die Erststimmen schaffen aber keinen Anspruch auf Mandate mehr, sondern ändern nur noch die Zusammensetzung des Bundestags. Daher schaffen wir die Grundmandatsklausel ab.

Foto: Fionn Große