Von Schrobenhausen nach Baltimore

27|09|2023

Servus!

Mein Name ist Josef Hanke und ich bin 22 Jahre alt. Ich komme aus Steingriff (Ortsteil von Schrobenhausen) und habe die große Ehre ein Jahr in den USA zu leben. Möglich macht das das Parlamentarische Patenschaftsprogramm, welches jedes Jahr 75 jungen Berufstätigen die Möglichkeit bietet ins Ausland zu gehen. Hierbei darf ich ein Semester an einem College oder Universität studieren und ein halbes Jahr in das amerikanische Berufsleben einsteigen. Da es ein Austausch ist, kommen jährlich auch junge Amerikaner:innen nach Deutschland. Hierfür werden auch immer Gastfamilien gesucht! Falls Interesse besteht, einfach auf die Homepage von Cultural Vistas (Leitung des Programms) oder des PPP gehen.

Angefangen hat alles im August 2022. Eine berufliche Veränderung innerhalb meines Ausbildungsbetriebes stand bevor, bei welcher ich kein allzu gutes Gefühl hatte und deswegen etwas anderes machen wollte, nur was?

Nach einem Urlaub in Spanien bei einer Bekannten, die dorthin ausgewandert war, ist bei mir dann das Auslands-Fieber ausgebrochen. Für mich war dann relativ schnell klar, dass es – wenn dann – nur in die USA gehen kann, da das Land mich schon immer fasziniert hat und ich schon immer möglichst viel von den Staaten sehen wollte, ohne bisher auch einmal dort gewesen zu sein. Da meine Cousine am 31. PPP teilgenommen hat, war dann auch gleich klar, wie das Ganze funktionieren könnte. Nach sehr guten Gesprächen mit meiner damaligen Chefin war dann auch schnell klar, dass ich noch ein Jahr auf die BOS gehen möchte, um mein Fachabitur abzuschließen. Diese ganzen Entscheidungen wurden alle in ca. 1,5 Wochen getroffen und in gut 3 Wochen umgesetzt. Hinterfragen durfte man hier nichts.

Die Online-Bewerbung war sehr intensiv und zeitraubend, im Nachhinein hat es sich ja gelohnt ;). Ein Aufsatz auf Englisch, Motivationsschreiben, Brief an eine fiktive Gastfamilie sind nur ein paar Dinge, die zu erledigen waren. Ein Tag vor Bewerbungsschluss war ich endlich fertig und ich konnte endlich einreichen. Knapp einen Monat später kam dann die Einladung zum Auswahltag in München. Dort wurde zuerst in Gruppen eine Kurzpräsentation erstellt und danach wurde jeder einzeln „interviewed“. Mit einem guten Gefühl und dem Gewissen alles gegeben zu haben fuhr ich dann nach Hause und das große Warten begann.

Anfang Januar bekam ich dann die Nachricht, es in die finale Auswahl geschafft zu haben, und, dass ich zu einem Gespräch mit Andreas Mehltretter eingeladen wurde, welcher die schwere Entscheidung trifft, wer aus dem Wahlkreis Freising diese einmalige Gelegenheit bekommt. Spoiler-Alarm: Das Gespräch lief gut, ansonsten würde ich diesen Blog nicht schreiben :). Ende Februar bekam ich dann die E-Mail dass ich es geschafft habe! Das Gefühl war wie ein 6er im Lotto. Ich sah die Nachricht in der Mittagspause mitten im Klassenzimmer und alle meine Klassenkameraden haben sich mit mir gefreut, ein erster Moment dieser Reise, den ich nie vergessen werde.

Es begannen stressvolle Wochen, viele bürokratische Sachen waren zu erledigen, man wollte noch etwas mit Freunden machen, die man nicht so oft sieht, die Abschlussprüfungen standen bevor und jeder von uns wurde noch zu einem einwöchigen Vorbereitungsseminar eingeladen. Dass dieses einen Monat vor meinen Abschlussprüfungen in Weimar stattfand, entspannte die Lage nicht gerade, war aber anscheinend auch nicht weiter schlimm. Also fuhr ich an einem Freitagmittag nach der Schule nach Weimar, mit einem sehr komischen Gefühl. Man weiß nicht was einen erwartet, man kennt niemanden dort und ich war noch nie in Weimar.

Dort angekommen traf ich die ersten Teilnehmer. Ein Bayer, ein Sachse und eine Hessin laufen durch Weimar, ohne einen Plan von der Stadt zu haben. Hört sich an wie der Anfang eines schlechten Witzes, das war aber genau das, was wir taten, weil wir alle 3 Stunden zu früh waren. Am Abend waren dann alle zum ersten Mal beisammen (früher oder später, manche hatten Probleme mit der Bahn, die zu diesem Zeitpunkt streikte) und wir lernten uns alle näher kennen. Insgesamt waren vor Ort ein Drittel der Teilnehmer, also 25 gemeinsam mit 3 ehemaligen Teilnehmern, einen aktuellen Teilnehmer der amerikanischen Seite und natürlich eine der beiden Program Officer, die das hier auf deutscher Seite leiten.

Bereits am ersten Abend am Lagerfeuer spürte man diese Gruppenenergie und es fühlte sich so an als würde man alle Personen schon seit Jahren kennen. Ein sehr gutes Gefühl, das sich schwer beschreiben lässt. Die ganze Woche hatte ein wenig Klassenfahrt-Vibes nur ohne Lehrer und mit „erwachsenen“ (18+) Leuten – also besser. Es war eine super schöne Woche, die uns alle zusammenschweißte und sehr hilfreich und lehrreich für dieses Jahr ist. Die Woche war aber auch sehr anstrengend, die Abende hielten lange an und trotzdem war jeder zur vorgegebenen Zeit um 08:00 Uhr beim Frühstück anwesend. Mit Volker Dankers, der am 9. PPP teilnahm, hatten wir die ersten 2 Tage eine sehr gute Seminarleitung, der uns viel Erfahrung auf den Weg geben konnte und sich innerhalb der Teilnehmer des 40. Jahrgangs zu einer Legende gemausert hat!

Nach dieser Woche wollte am liebsten jeder von uns sich in den Flieger setzen, leider war das noch (!) nicht möglich, deswegen musste jeder von uns schweren Herzens wieder nach Hause. Bei vielen wurde es jetzt schon emotional, weil man wusste, man sieht sich die nächsten knapp 4 Monate nicht, man hat aber schon so eine gute Verbindung aufgebaut. Es folgten eben 4 weitere Monate mit bürokratischen Dingen und vielen Verabschiedungen. Ich weiß nicht, wie es den anderen geht, aber ich persönlich hatte nie den Gedanken die falsche Entscheidung getroffen zu haben oder einen Fehler zu machen, ich war immer voller Vorfreude und positiv gestimmt, Zweifel gab es nie.

Knapp 3 Wochen vor Ausreise erhielt ich dann endlich meine Platzierung bei einem 40-jährigen in Baltimore, Bundesstaat Maryland an der Ostküste. Ich war – und bin – sehr glücklich über diese Platzierung. Baltimore ist etwa so groß wie Nürnberg und wir leben nicht mitten in der Stadt, die Stadtmitte ist aber in gut 20 Minuten mit dem Auto zu erreichen. Außerdem sind Städte wie Washington D.C., Philadelphia, Pittsburgh und New York nicht weit entfernt und wir leben am Wasser. 2 Tage vor Ausreise gab es noch einmal ein schönes Weißwurstfrühstück mit meiner Familie und den engsten Freundeskreis um sich ein letztes mal so richtig zu verabschieden, denn bereits am 07.08. einen Tag vor Abflug, machten meine Eltern und ich uns auf den Weg nach Frankfurt (alle Teilnehmer fliegen gemeinsam von Frankfurt nach Washington D.C.).

Dort verabschiedete ich mich von meinen Eltern und traf mich mit den ersten PPPlern im Hostel, um dort den letzten Abend in Deutschland zusammen zu verbringen. Am Morgen des 08.08. machten wir uns auf den Weg zum Flughafen und trafen uns dort um 10:00 Uhr mit dem Rest und teilweise mit Familienmitgliedern in einem Konferenzcenter. Dort wurden wir dann alle willkommen geheißen und ein letztes mal gebrieft. Dann ging es auch schon Richtung Gate und pünktlich um 13:10 saßen wir immer noch am Gate, da unser Flieger 1,5 Stunden Verspätung hatte. Der Pilot meinte nur „Das fliegen wir wieder rein“. Nur 8h 50 Minuten später um ca. 16:00 Uhr Ortszeit erreichten wir endlich das langersehnte Ziel. Nach über einer weiteren Stunde im Zoll trennten sich dann die Wege von der Gruppe wieder und es hieß wiedermal Abschied nehmen. Viele der anderen Teilnehmer blieben noch eine Nacht im Flughafen Hotel, da sie eine weitere Reise an die Westküste erwartete. Ich hatte das Glück mit drei anderen Teilnehmern, die auch in Baltimore platziert sind, nur eine weitere Stunde vom Zielort entfernt zu sein.

Unsere College Koordinatorin (Person, die Gastfamilien am Standort auswählt und sich um unser Schulleben kümmert und erste Ansprechpartnerin ist, falls etwas nicht in Ordnung sein sollte, z.B. mit der Gastfamilie) fuhr uns dann vom Flughafen zu einem der vier College Campusse, von dort wurden wir dann an unsere Gastfamilien – oder in meinem Fall nur Gastvater – übergeben. Die erste Frage von meinem Gastvater Adam ob ich denn Hunger hätte, war sehr wichtig! Es war bereits fast 20:30 Uhr, also 02:30 Uhr morgens in Deutschland und ich hatte einen langen Tag hinter mir. Im neuen Zuhause angekommen bekam ich noch eine kleine Tour durch das Haus. Kurz darauf fiel ich dann aber nach knapp 22 Stunden Reisestrapazen ins Bett. Deutsche Zeit: 05:30 Uhr.

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