Wir werden auch 2024 die Zukunft gut gestalten!
01|02|2024
Letzte Woche war ich auf dem Neujahrsempfang der SPD Ingolstadt mit dem Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Scharpf.
In meiner Rede habe ich die Bedeutung der aktuellen Demokratiebewegung herausgestellt. Millionen von Menschen gehen aktuell auf die Straße und zeigen, wie wehrhaft unsere Demokratie ist. Diese Wehrhaftigkeit müssen wir auch im parlamentarischen Betrieb noch mehr leben. Ich begrüße daher den Vorstoß der Ampelregierung, das Bundesverfassungsgericht noch mehr vor politischer Einflussnahme zu schützen. Es freut mich, dass auch die Union daran mitarbeiten will. Nur wenn alle Demokrat:innen zusammenstehen, können wir der Gefahr durch Rechtsextremisten in unseren Parlamenten entgegenstehen.
Dieser Gefahr müssen wir aber auch durch gute Sachpolitik bekämpfen. Die Ampelregierung hat bereits viele wichtige Reformen auf den Weg gebracht. Die Energiekrise hätten wir ohne ein schnelles Einschreiten nicht so gut bewältigt. Die Einführung des Bürgergelds, die Erhöhung des Kindergelds, Wohngelderhöhung, Kindergrundsicherung, Fachkräfteeinwanderung und Strompreisentlastungen sind wichtige Maßnahmen, um die Schwächsten unserer Gesellschaft zu stützen und die Wirtschaft zu stimulieren.
Wir wollen auch in der zweiten Hälfte der Legislatur weiter anpacken, gerade bei Digitalisierung und bezahlbarer Wohnraum gibt es noch einiges zu tun. Und wir müssen den Menschen besser erklären, warum wir diese Politik machen und was sie ihnen bringt. Ich bin mir sicher, dass wir die richtigen Konzepte haben und so das Leben eines jeden Einzelnen in Deutschland verbessern können, trotz der vielen Krisen und schwierigen Rahmenbedingungen.
Vielen Dank an die SPD Ingolstadt und deren Kreisvorsitzende Karoline Schwärzli-Bühler und Christian De Lapuente für die Organisation dieses wundervollen Abends.
Meine Rede im Volltext
Lieber Christian Scharpf,
liebe Karoline Schwärzli-Bühler,
lieber Christian De Lapuente
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Genossinnen, liebe Genossen,
900.000 Menschen – so die vorsichtigen Schätzungen der Polizei – sind letztes Wochenende für unsere Demokratie auf die Straße gegangen. 900.000 waren auf der Straße, nicht um Geld für sich selbst einzufordern. Sie waren nicht auf der Straße, um eine konkrete Entscheidung zu verhindern. Sie waren auf der Straße, um ein Zeichen für Freiheit und Demokratie zu setzen.
Demos gegen Rechts gibt es, seit ich politisch aktiv bin. Immer wieder haben wir uns alle zusammengeschlossen, weil wir gefühlt haben, dass ein starkes Zeichen notwendig war: weil gegen Migrantinnen und Migranten gehetzt wurde; weil Anschläge gegen Moscheen oder Synagogen verübt wurden; weil sich Querdenker mit Rechten vermischt haben; oder weil Nazis am Kriegerdenkmal eine Demo veranstaltet haben.
In den letzten Jahren erleben wir aber: Diese Ereignisse verdichten sich. Sie kommen immer schneller, in immer kürzerer Abfolge. Und wir erleben jeden Tag, in persönlichen Gesprächen, im Internet, in den Medien, wie der Konsens unserer Grundwerte von immer mehr Menschen in Frage gestellt wird.
Wir erleben Rassismus und Hass gegen Menschen, weil sie die angeblich „falsche“ Hautfarbe haben.
Wir erleben offenen Antisemitismus, Hetze gegen Muslime und Hass gegen Menschen, weil sie die angeblich „falsche“ Religion haben.
Und wir erleben unverhohlene Abwertung von Menschen, weil sie eine Behinderung haben.
Es ist ein sehr ermutigendes Zeichen, das die Menschen am Wochenende gesetzt haben: Die Menschen in unserem Land wollen eine Regierung, die für Freiheit und Demokratie steht. Das ist die Botschaft von diesem Wochenende.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Genossinnen und Genossen,
der Aufschrei ist berechtigt.
Vorletzte Woche wurde deutlich, wie radikal die AfD mittlerweile ist. Was da von Correctiv aufgedeckt wurde, ist erschreckend, aber leider nicht überraschend. Wir wissen, dass die extreme Rechte sich in Deutschland organisiert. Wir wissen, welche Risse die Brandmauer mittlerweile hat.
AfDler:innen trafen sich mit Unternehmer:innen, bekannten Vordenkern der neuen Rechten, mit führenden AfD-Mitgliedern und auch mit Mitgliedern der Werteunion, um über Deportationen im großen Stil zu sprechen. Wir dürfen uns nichts vormachen: Da saßen keine isolierten Einzelgänger zusammen in Potsdam. Das war ein Treffen des rechtsextremen deutschen Netzwerks – und die AfD, eine Partei, die im Bundestag vertreten ist, saß bei diesem Treffen mit am Tisch!
Wir alle kennen die Berichte über rechtsextreme Chats aus der AfD. Chats in denen rassistische Gewaltfantasien und Verherrlichungen des Nationalsozialismus geteilt worden. Und jetzt die Berichte über die kleine Wannseekonferenz. Spätestens jetzt muss wirklich allen klar sein: All das ist ernst gemeint.
Das Treffen führt uns noch einmal deutlich vor Augen, welche unvorstellbar unmenschlichen Pläne diese Rechte ausheckt. Wir können uns leider sicher sein: Wenn es auch nur die kleinste Gelegenheit gibt, werden sie diese Pläne auch genau so umsetzen! Millionen Menschen aus Deutschland zu deportieren, auch wenn es noch so irre klingt – genau das ist der Plan.
Es geht um viel. Das spüren wir alle. Und deswegen gehen die Menschen jetzt auf die Straße. Es geht jetzt darum, ob eine rechtsextreme Partei wie die AfD in Deutschland wieder die Politik bestimmen kann.
Wir müssen jetzt sehr deutlich sagen: Es gibt keinen Platz für Hass und Hetze in diesem Land! Es gibt keinen Platz für Demokratiefeinde in dieser Demokratie! Es gibt keinen Platz für die AfD in unseren demokratischen Auseinandersetzungen – und erst Recht gibt es keinen Platz für die AfD in den Regierungen unserer Bundesländer!
Wir wissen alle, dass wir in sehr unruhigen Zeiten leben, dass es wieder Krieg gibt in Europa, der auch Deutschland bedroht, dass die wirtschaftliche Lage schwierig ist, und dass das notwendige hohe Tempo der Transformation Menschen überfordern kann.
Aber es gibt keine Rechtfertigung für menschenfeindliche Aussagen und Ideologien! Und es gibt keine Rechtfertigung, menschen- und verfassungsfeindliche Politiker und Parteien zu unterstützen!
Auch vor 160 Jahren gab es viele Menschen, deren persönliche und wirtschaftliche Situation schwierig war, viel schlimmer, als wir es uns heute in Deutschland vorstellen können. Was haben diese Arbeiterinnen und Arbeiter damals getan? Sie haben sich zu einer Arbeiterbewegung zusammengeschlossen, sie haben die SPD gegründet und für die Demokratie gekämpft!
Sie haben für die Demokratie gekämpft, weil der Ausweg für sie damals und für uns alle heute in der Demokratie liegt, nicht in ihrer Abschaffung!!
Lasst uns klarmachen: Wir müssen über die besten Wege aus den aktuellen Krisen streiten! Aber wir dürfen niemals über die Geltung der Menschenwürde und unseres Grundgesetzes streiten!
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Genossinnen und Genossen,
am Sonntag ist auf Spiegel online eine interessante Kolumne erschienen: „Und Deutschland wird doch gut regiert“, hat Susanne Bayer geschrieben.
Deutschland wird gut regiert? Wie kommt die Autorin auf eine solche Aussage? Wo wir doch immer wieder lesen und hören, wie schlecht doch alles bei uns läuft?
Sie kommt darauf, weil Deutschland immer noch eine starke Wirtschaft hat und noch nie so viele Menschen in Deutschland Arbeit hatten wie zur Zeit.
Sie kommt darauf, weil nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung die Ampel bereits knapp zwei Drittel ihres, wie die Bertelsmann-Stiftung schreibt, „ambitionierten Koalitionsvertrages“ entweder umgesetzt oder mit der Umsetzung begonnen hat. Dazu gehören gerade die Projekte, die für uns wichtig sind: höherer Mindestlohn, Bürgergeld, Wohngelderhöhung, Kindergelderhöhung, Kindergrundsicherung, Fachkräfteeinwanderung und Strompreisentlastungen, um nur ein paar zu nennen. Da haben wir echt schon was erreicht.
Und sie kommt darauf, weil wir Deutschland erfolgreich durch die Krisen der letzten Jahre geführt haben. Wer erinnert sich noch an die Überschriften nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine? An die Angst vor dem ersten Winter? Würde „Das große Zittern“ beginnen, wie eine der Überschriften hieß?
Wir haben nicht gezittert. Und auch die Produktion lief weiter. Wir haben, das sagen uns alle Wirtschaftswissenschaftler:innen, die Energiekrise gut bewältigt. Die Ampel hat Deutschland gut durch diese Krise geführt. Das dürfen wir gerne unterstreichen und ein Ausrufezeichen dahinter machen.
Wir haben nicht nur das Land gut durch die Krise geführt. Wir, und das gilt zu aller erst für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, haben dafür gesorgt, dass Lichter und Heizungen nicht ausgegangen sind.
Die Preise sind gestiegen. Das spüren allen in ihrem Geldbeutel. Gerade deshalb haben wir viel Geld dafür mobilisiert die Menschen und die Unternehmen so zu unterstützen, die Belastung durch die hohen Energiepreise zu begrenzen. Wir konnten nicht jede Preissteigerung abfangen. Wir konnten aber mit den Preisbremsen, mit vielen Sonderzahlungen und mit einem besseren Wohngeld dafür sorgen, dass niemand frieren oder das Licht ausschalten musste.
Und weil wir ein halbes Jahr nach Regierungsantritt schon ein riesiges Gesetzespaket für die Energiewende verabschiedet haben, geht der Ausbau der erneuerbaren Energien endlich wieder schneller voran, vor allem bei der Solarenergie, aber auch bei den Genehmigungen für Windräder. Schon jetzt sind die Erneuerbaren Energien die günstigste Form der Energieversorgung. Jetzt schnell umzusteigen, das schützt nicht nur unser Klima. Das schützt auch unseren Geldbeutel. Nur mit den Erneuerbaren können wir sicherstellen, dass Energie auch in Zukunft bezahlbar bleibt.
Deutschland wird gut regiert. Das könnten wir durchaus auch mit Stolz auf uns selbst sagen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich verwende hier ganz bewusst den Konjunktiv. Wir haben gute Arbeit geleistet. Davon bin ich überzeugt. Und dennoch ist das Vertrauen in die Ampel auf dem Nullpunkt.
„Die schlechte Stimmung im Land hat weniger mit Fakten zu tun als mit einer getrübten Wahrnehmung“, hat Susanne Bayer in ihrer Kolumne im Spiegel geschrieben. Das stimmt. Das heißt jetzt aber nicht, dass wir uns über die Ungerechtigkeit der Welt schmollend in unsere Ecke zurückziehen und auf ein Wunder warten dürfen.
In vielen Diskussionen höre ich, Olaf Scholz und die Regierung müssen besser kommunizieren. Ja, da stimme ich zu. Darüber haben wir auch in der Fraktion vorletzte Woche offen mit ihm gesprochen. Und ich bin sehr froh, dass er angekündigt hat, dass er mehr erklären will, dass er präsenter sein will und dass er für weniger Streit in der Regierung sorgen will – das alles ist Grundvoraussetzung dafür, dass diese Ampel das Ruder rumgerissen bekommt.
Wir wissen ja eigentlich, wie das alles geht: Olaf Scholz ist ja mit klaren Zielen in den Wahlkampf gezogen:
- Eine solidarische Gesellschaft,
- ein unterstützender, gut funktionierender Staat,
- öffentliche Investitionen in Infrastruktur, Wissenschaft und Forschung,
- eine kraftvolle Wirtschaft,
- ein starkes, souveränes Europa,
- zukunftsfähige Arbeitsplätze und
- der Kampf gegen den Klimawandel.
Wir sind angetreten, die Zukunft unseres Landes zu gestalten. Wir sind angetreten unseren Kindern und Enkeln ein starkes Deutschland und eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. Und wir sind angetreten niemanden allein zu lassen, in den Veränderungen unserer Zeit. Alle Menschen mit dem Respekt zu behandeln, den sie verdienen. Das war unser Ziel im Wahlkampf, und das setzen wir auch in der Regierung so gut es uns mit den beiden Partnern gelingt um.
Wir haben deswegen das Bürgergeld geschaffen. Das bedeutet, dass der arbeitenden Mitte viel von der Angst genommen wird, wenn ein Schicksalsschlag zu Arbeitslosigkeit führt. Es bedeutet, dass Arbeitslose eine Ausbildung machen können und sie nicht mehr vorrangig in Helferjobs vermittelt werden müssen. Es bedeutet, dass das Arbeitsamt auch dreijährige Ausbildungen fördern kann. Es bedeutet, das die Beratung endlich auch die Lebensumstände der Menschen berücksichtigt, die arbeitslos sind. Es bedeutet, dass niemand mehr im ersten Jahr der Arbeitslosigkeit sein Vermögen aufbrauchen oder aus seiner Wohnung ausziehen muss. Und es bedeutet, dass die Arbeitsagenturen und die Jobcenter nicht mehr von oben herab, sondern auf Augenhöhe mit den Menschen agieren, die ohne Arbeit sind.
Das ist genau der unterstützende Sozialstaat, den wir gefordert haben. Es ist der Abschied von Harz IV, für den wir in den Wahlkampf gezogen sind. Und das ist auch angesichts des Fachkräftemangels ziemlich sinnvoll und hilft unseren Handwerksbetrieben und den Menschen, die einen Kita-Platz suchen.
Wir brauchen gut ausgebildete Menschen. Der Ausbildungsvorrang beim Bürgergeld ist die richtige Antwort. Das müssen wir immer wieder deutlich machen.
Und wir müssen deutlich machen, dass weder die Höhe, noch die Sanktionen durch das Bürgergeld neu geregelt wurden. Die Höhe des Bürgergeldes ist das Existenzminimum, das nicht nur für das Bürgergeld, sondern auch für die Grundrente und für Menschen mit Behinderung gilt. Spielraum haben wir da nicht, das hat das Bundesverfassungsgericht sehr genau geregelt. Es hat auch sehr genau geregelt, wann es Sanktionen geben darf.
Oft haben Menschen Angst davor, die Unterstützung zu beantragen, die ihnen zusteht. Das wollen wir nicht. Wir wollen einen Staat, der hilft. Auch das müssen wir immer wieder laut sagen.
Wir müssen dagegenhalten, wenn das Bürgergeld mit falschen Behauptungen angegriffen wird. Menschen, die arbeiten, haben mehr Geld in der Tasche als Menschen, die Bürgergeld bekommen. Das hat erst im Januar das ifo-Institut wieder ausgerechnet. Insgesamt ist der Lohnabstand sogar gestiegen. Das müssen wir sagen.
Nicht das Bürgergeld ist zu hoch. Viele Löhne sind zu niedrig. Das müssen wir sagen. Wir alle am Stammtisch. Und natürlich auch unser Bundeskanzler im Fernsehen und im Bundestag.
Die schlechte Stimmung hat auch was damit zu tun, wie wir als Regierung, als Fraktion und als Partei auftreten. Wenn Christian Linder so wirkt, als sei er der eigentliche Oppositionsführer im Bundestag, dann schafft das kein Vertrauen in die Ampel. Wenn wenige Stunden nach einem Beschluss der Koalitionsspitzen die eigenen Minister:innen diese Beschlüsse torpedieren, hilft uns das nicht. Gleichzeitig Regierung und Opposition, das geht nicht. Das hilft niemanden und schadet allen.
Wir haben einen gemeinsamen Koalitionsvertrag. Auch für die FDP und gerade für den FDP-Chef muss gelten, dass dieser eine Selbstverpflichtung ist.
Wir haben darin zum Beispiel ganz klar festgelegt: Wir wollen gerade die Familien mit weniger Geld entlasten. Alle Kinder sollen die gleichen Chancen haben. Das haben wir so vereinbart. Deswegen haben wir die Kindergrundsicherung im Koalitionsvertrag, und da sind wir bei der Umsetzung auch schon einen guten Schritt vorangekommen.
Jetzt will Lindner den Kinderfreibetrag bei der Einkommenssteuer erhöhen. Der überwältigende Teil der Eltern erhält aber nur das Kindergeld, weil bei ihrem Einkommen der Freibetrag noch gar nicht greift. Das Kindergeld will Lindner nicht erhöhen, er will nur Familien mit vergleichsweise hohen Einkommen entlasten. Die Lücke zu den Kindern, die in Familien mit weniger Einkommen leben, würde noch größer werden.
Nachdem Lindner lange die Kindergrundsicherung torpediert hat, will er jetzt Geld vor allem an die Besserverdienenden ausschütten. Da werden wir dagegenhalten, weil das geht so nicht.
Dieses Beispiel zeigt auch: Wir Sozis werden gebraucht. Wir sind es, die für die Menschen mit normalem Einkommen einstehen. Auch das müssen wir immer wieder sagen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Genossinnen und Genossen,
es geht im Moment um viel mehr als nur um den Fortbestand der Ampel-Koalition. Die Menschen, die am Wochenende auf den Straßen wahren, die spüren das. Und sie haben sehr deutlich gezeigt, dass sie nicht wollen, dass die, die in Potsdam Deportationen vorbereitet haben, in Deutschland in Regierungen sitzen.
Ich bin froh, dass so viele Menschen auf die Straße gegangen sind. Ich freue mich über dieses Zeichen. Das gibt mir Mut.
Gleichzeitig bin ich aber auch erschüttert über einige der Reaktionen aus der Politik auf diese Demos. Hubert Aiwanger glaubt an eine linke Unterwanderung dieser Demos.
Gut, wenn es links ist, gegen Rassismus und Faschismus auf die Straße gehen, dann bin ich stolz, ein Linker zu sein.
Aiwanger setzt die Jusos und die Grüne Jugend mit Rechtsextremisten gleich. Er leugnet, dass Habeck an der Fähre angegriffen wurde. Er relativiert die Galgen, die auch bei uns im Landkreis aufgestellt wurden. Er ignoriert die Realität, baut Lügengespinste auf und legitimiert Gewaltfantasien. Damit zerstört er den politischen Diskurs.
Friedrich Merz lobt zwar die Demonstrationen, warnt aber davor, die AfD als "Nazi-Partei" zu bezeichnen. Ja als was denn sonst? Als was soll man ein Partei bezeichnen, die in ganz Ostdeutschland vom Verfassungsschutz als ”gesichert rechtsextrem” eingestuft wird? Für die Menschen im Bundestag sitzen, die nach dem Bekanntwerden der Deportationspläne twittern, das seien keine Überlegungen, das sei ein Versprechen?
Bei den Enthüllungen von Correctiv kommen den meisten von uns Assoziationen an die Wannseekonferenz 1942. Damals haben die Nazis ihren Plan zur Deportation von Millionen Jüdinnen und Juden entworfen. In Potsdam 2023 sollte wieder ein Plan zur Deportation entworfen werden. Und da soll man nicht die Nazi-Keule rausholen?
Ich finde es ganz ehrlich erschreckend und frage mich ehrlich gesagt schon, warum Friedrich Merz die AfD nicht als das bezeichnen kann, was sie ist: rechtextrem, völkisch, rassistisch, antidemokratisch und in sehr einflussreichen Teilen nationalsozialistisch?
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Genossinnen und Genossen,
bereits 2020 hat der langjährige Pressesprecher der AfD gesagt: “Wir können die [Migranten] nachher immer noch alle erschießen. Das ist überhaupt kein Thema. Oder vergasen, oder wie du willst.” Im selben Gespräch sagte er auch: “Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD.”
Wir wissen schon lange, welche Strategie die AfD verfolgt. Sie will die demokratischen Institutionen unterwandern. Sie will die Themen der Debatten setzen. Und sie will, dass die Menschen das Gefühl haben, es geht ihnen schlecht, sie werden gegängelt und schlecht regiert. Um genau dieses Gefühl zu erzeugen verbreiten sie Lügen und Hetze.
Es wird jetzt höchste Zeit, dass wir uns alle dieser Partei entgegenstellen. Ich bin froh, dass die Menschen am Wochenende auf der Straße waren. Aber wir wissen das alles schon viel zu lange. Ich hoffe, dass von allen in der Politik jetzt endlich mehr kommt, als lobende Worte für die Demos.
Die falsche Wahrnehmung unserer Politik liegt eben nicht nur an unserer Kommunikation oder an dem Streit in der Koalition. Die falsche Wahrnehmung wird gezielt geschürt. Und sie wird verstärkt durch eine Union, die eines nicht verstanden hat. Wer auf die Themen der Rechten setzt, wer mitspielt im Politik-Bashing, der gewinnt am Ende nicht. Der macht die Rechten stark. Das ist nicht zuletzt der Grund dafür, dass Markus Söder jetzt einen Minister der Freien Wähler mehr in seinem Kabinett sitzen hat.
Am Montag hat der Spiegel unter dem Titel „Wie man die AfD klein kriegt“ zusammengefasst, was die Forschung uns über den Umgang mit der AfD auf den Weg gibt.
Das erste: Wir müssen uns Vereinfachungen und Zweiteilungen konsequent widersetzen. Politik ist für die AfD ein Kampf. Wir gegen die. Die Vernünftigen gegen die Rot-Grün-Versifften. Aber nicht nur für die AfD ist das so. Auch Friedrich Merz spielt Menschen gegeneinander aus. Arme gegen noch Ärmere. Und die gegen die Geflüchteten.
Die Welt ist aber nicht schwarz-weiß. Zuwanderung hilft uns beim Fachkräftemangel. Gleichzeitig wissen wir, welche Herausforderung die Integration von Geflüchteten für unser Kommunen bedeutet und dass wir dabei noch besser unterstützen müssen. Wir wissen, dass man mit dem Mindestlohn keine großen Sprünge machen kann. Aber wenn wir das Bürgergeld senken, dann hat ein Mensch, der Mindestlohn bekommt, keinen Cent mehr in der Tasche. Da brauchen wir keine Neiddebatte. Da brauchen wir einen höheren Mindestlohn und gute Tarifabschlüsse.
Das zweite was zu tun ist: irrationale Argumente als das bezeichnen, was sie sind. Das trifft bei der AfD auf vieles zu. Ein Viertel der deutschen Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund. Würden sich die Rechtsextremen mit ihren völkischen Ideen durchsetzen, bräche dieses Land zusammen. Genauso würde unsere Energieversorgung teuer und unsicher, wenn wir auf die Erneuerbaren verzichten und auf neue Atom-, Gas- und Ölkraftwerke setzen würden.
Das dritte: Wir müssen unsere eigenen Themen setzen. Wir haben doch im Wahlkampf sehr genau benannt, um was es geht. Klimaschutz, Digitalisierung, bezahlbare Wohnungen, eine gutes Gesundheitssystem, eine zukunftsfähige Wirtschaft, bessere Schulen. Das sind unsere Themen, die müssen wir in den Mittelpunkt stellen.
Diese Themen sind es, die wir anpacken müssen. Das sind die Themen wo wir durchaus was vorweisen können. Und das sind die Themen, auf die es wirklich ankommt.
Und als viertes müssen wir die Heucheleien und die Lügen der AfD immer wieder sichtbar machen. Wir müssen sichtbar machen, dass die AfD Politik gegen ihre Wählerinnen und Wähler machen wird. Dass sie eine durch und durch neoliberale Partei ist. Dass sie zwar vorgibt, sich hinter die Bauern zu stellen, dass sie aber in ihrem Programm – schwarz auf weiß – alle Subventionen für die Landwirtschaft abschaffen will. Dass sie Statistiken, Zitate und Bilder fälscht. Dass sie eine Partei ist, die ausgrenzt und spaltet.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Genossinnen und Genossen,
im Fußball versucht man, sich das Spiel des Gegners nicht aufzwingen zu lassen. Warum sollte das in der Politik anders sein?
Olaf Scholz ist Kanzler geworden, weil er klar gesagt hat, was er will. Weil er mit dem Klimaschutz, mit der Digitalisierung, mit der Gesundheitsversorgung und mit bezahlbarem Wohnraum genau die Themen aufgegriffen hat, um die es wirklich geht. Er ist Kanzler, weil er auch ehrlich gesagt hat, dass nicht alles so bleiben kann, wie es ist. Er ist Kanzler, weil er verstanden hat, dass dies nur mit Respekt vor den Menschen geht.
Wir haben im Wahlkampf unser eigenes Spiel gespielt. Und gewonnen. Wir müssen als SPD wieder zu unserem Spiel zurückfinden, mit einem Kanzler, der wie im Wahlkampf wieder klar sagt, was los ist und was er will. Wenn uns das gelingt, dann wird auch die nächste Bundesregierung wieder von der SPD angeführt.
Die Bertelsmannstiftung hat recht, wenn sie schreibt, dass wir zwei Drittel des Koalitionsvertrages bereits auf den Weg gebracht haben. Aber auch das letzte Drittel ist wichtig.
Wir müssen die Bahn besser machen und in die Schienen investieren, wir werden – z. B. mit einem neuen Milliarden-Förderprogramm, das wir nächste Woche beschließen – auf dem Wohnungsmarkt gegensteuern, wir wollen die Cannabis-Legalisierung beschließen, wir müssen unsere Industrie nachhaltiger und damit zukunftsfähiger machen. Dazu wollen wir endlich die Klimaschutzverträge auf den Weg bringen, damit unsere Industrie trotz der notwendigen Investitionen in eine klimaneutrale Produktion im Wettbewerb bestehen kann.
Wir wollen auch – und das ist ja gerade auch für unsere Region sehr wichtig – eine Krankenhausreform auf den Weg bringen, die die Versorgung verbessert. Die Vorschläge, die Karl Lauterbach vorgelegt hat, würden die Probleme an der Wurzel packen. Im Moment blockieren die Bundesländer diese Reform noch, und damit auch 6 Milliarden, mit denen der Bund die Krankenhäuser zusätzlich unterstützen will – aber ich hoffe, dass auch bei den Ländern bald Vernunft einkehrt und wir die Reform gemeinsam umsetzen können.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Genossinnen und Genossen,
im Juni ist die Europawahl. Auch dann geht es darum, ein starkes demokratisches Zeichen gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus zu setzen. Auch hier geht es aber vor allem auch um unsere Themen und unser Spiel.
Wir stehen für ein starkes, demokratisches und soziales Europa. Ein Europa, das Sicherheit garantiert, gute Arbeitsbedingungen fördert und den Klimaschutz vorantreibt. Ein Europa, das mit massiven Investitionen in erneuerbare Energien und den richtigen Reformen am Strommarkt die Energiepreise senkt. Ein Europa, das das Leben der Menschen einfacher und bezahlbarer macht.
Alice Weidel hat sich erst diese Woche dafür ausgesprochen, einen Austritt Deutschlands aus der EU zu prüfen. Der Brexit sei ein Modell für Deutschland. Das Vereinigte Königreich, die einzige G7-Wirtschaft, die Anfang 2023 noch nicht wieder das wirtschaftliche Niveau von 2019 erreicht hat? Deren Wirtschaft nach den Prognosen in den kommenden zwei Jahren weniger wachsen wird als jede andere fortgeschrittene Volkswirtschaft? Wo seit dem Brexit kein einziger Premierminister eine Amtszeit durchgehalten hat? Das soll ein Modell für Deutschland sein?
Gemeinsam sind wir stärker. Wenn einen wirklich klaren Beleg dafür gibt, dann ist es gerade der Brexit. Nein, das ist kein Modell für Deutschland. Darum lasst uns bei der Europawahl gemeinsam für unsere Idee von einem gemeinsamen Europa kämpfen. Lasst uns vereinen, nicht trennen!
Um es noch mal mit dem Fußball zu sagen: Wir wollen unser Spiel machen und gewinnen. Weil wir Europa und unser Land frei, demokratisch und sozial gestalten wollen. Weil wir weiterhin gute Arbeit und ein bezahlbares Leben wollen. Weil wir aber auch den nächsten Generationen ein zukunftsfähiges Land und eine lebenswerte Welt übergeben wollen.
Der Weg dorthin geht nur nach vorne, nicht zurück. Wir müssen und werden auch 2024 diese Zukunft gut gestalten. Mit Lust auf Fortschritt; mit Sicherheit für alle, denen manches zu schnell geht; und vor allem mit Respekt vor allen, die hier leben.
Danke.