Von Schrobenhausen nach Baltimore

05|01|2024

Schon öfter habe ich hier über das Parlamentarische Patenschaftsprogramm berichtet. Das Programm wird gemeinsam von Bundestag und Kongress getragen und ermöglicht Schüler:innen und jungen Berufstätigen ein Jahr in den USA zu verbringen 🇺🇸. Eine Besonderheit des Programms ist, dass Bundestagsabgeordnete Patenschaften für Stipendiat:innen übernehmen. Dieses Jahr habe ich eine Patenschaft für den 22-jährigen Josef Hanke aus Schrobenhausen übernommen.

Während seiner Zeit in den USA berichtet Josef in einem Blog über seine Erfahrungen. Der zweite Beitrag ist jetzt online und beschreibt seine spannenden ersten Erlebnisse in den USA - vom Camping-Ausflug bis zum Autokauf! Hier ist sein Artikel:

Eine lange Eingewöhnungszeit im neuen Zuhause blieb mir nicht, denn nur einen Tag nach meiner Ankunft machten wir uns auf den Weg zu unserem ersten Roadtrip mitten ins Nirgendwo in Pennsylvania südlich von Pittsburgh. Ziel war das YMCA Family Camp in Deer Valley, welches mitten im Amish Country in den Wäldern von Pennsylvania liegt.

Dieser Ausflug sollte auch für meinen Gastvater Adam eine neue Erfahrung werden, denn er wusste genauso wenig wie ich, was uns erwarten würde. Wir folgten einer Einladung von einem Freund von Adam, der vor gut über 20 Jahren auch am CBYX/PPP teilgenommen hatte und damals für ein Jahr als Amerikaner in Deutschland war. Der Freund lebt aber mittlerweile fest in Deutschland und wurde vom Programm gefragt, ob er denn nicht jemand kennt, der in Baltimore Host machen möchte. Das ist also die Geschichte, wie ich zu meinem Hostdad gekommen bin.

Da das Camp eine Familientradition ist, kommt Adams Freund jedes Jahr dafür heim. Um sich mit seinem alten Freund mal wieder zu treffen und um mich kennen zu lernen, wurden wir eben auch in das Camp eingeladen. Nach drei Stunden Autofahrt mit wunderschöner Landschaft kamen wir dann zu späterer Stunde an. Man muss sich das so vorstellen: Familien aus dem ganzen Land kommen mit der Familie hierher, weil sie hier Wurzeln haben oder seit ihrer Kindheit hierher kommen. Man schläft entweder in kleinen Holzhütten mit Küche oder in Kabinen wie in einer Schulherberge und es gibt eine große Halle mit Cafeteria, wo sich jeden Tag alle versammeln. Das alles an einem See ohne Internet, anderen Bewohnern oder Restaurants. Der See und das Drumherum stehen alles dem Camp zur Verfügung.

Am nächsten Tag fuhren wir erst einmal eine halbe Stunde in die nächste Ortschaft, um in einem Diner, welches von einem Vietnamveteranen geführt wird, Frühstück zu essen. Das war eine spannende Erfahrung, denn es war wie man es aus den Filmen kennt. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Nach der Stärkung machten wir eine Wanderung in die Wälder. Das Ziel: eine Wasserquelle in den „Bergen“ (nicht zu vergleichen mit Bayerischen Bergen), die zu einem See fließt. Der Weg war es Wert, denn irgendwann lag dann eine glasklare aber brutal kalte Quelle vor uns. Natürlich durfte eine Abkühlung nicht fehlen. Zurück im Camp ging es raus auf den See mit dem Segelboot und später mit dem Stand-upBoard. Im Camp wurde mir dann noch eine Deutsche vorgestellt, die über die Ferien im Camp arbeitete und uns später noch mit einer Freundin in Baltimore besuchen kommen sollte.

Am nächsten Tag ging es dann auch schon wieder zurück, mit vielen kleinen Zwischenstopps, unter anderem in West Virginia in „America’s first Spa“, in welcher die Badewanne von George Washington steht. Hört sich interessant an, ist aber nur ein Loch im Boden. Zurück in Dundalk, Baltimore machten wir uns erst einmal auf zum Abendessen, aber nicht wie gewöhnlich mit dem Auto, sondern mit dem Boot. Den ersten Samstag verbrachten wir auch komplett auf dem Boot und erkundeten über die Wasserwege Baltimore inklusive Inner Harbor. Es ist hier alles einfach zu erreichen und man kann fast überall gut anlegen.

Hier haben wir dann auch für unser Abendessen angelegt und ich habe zum ersten Mal Krabben gegessen, welche hier in Maryland eine Spezialität sind. Die Menschen hier sind sehr stolz auf ihre Krabben, man sieht auch überall welche auf Fahnen gedruckt, als Aufkleber an Autos oder eine Riesenkrabbe aus Holz an der Haustüre. Mein Fazit: Schmeckt wie Hühnchen, nur mit der Konsistenz von Fisch. Außerdem muss man mehrere davon essen, da an so Krabben nicht viel Fleisch dran ist.

Am ersten Sonntag machte sich die deutsche Baltimore Crew (wir sind insgesamt vier Deutsche in Baltimore: Dominika, Jenny, Paul und ich) auf ins nahegelegene Annapolis, welches die Hauptstadt von Maryland ist. Eine sehr schöne Stadt, wie ich finde, in welcher eine US Naval Academy beheimatet ist. Sehr beeindruckend ist auch, dass jede zweite Person in Uniform unterwegs ist. Den Campus durften wir leider nicht begutachten, da wir alle noch keine US ID hatten.

In den nächsten Wochen gab es viel zu erkunden, was es hier denn alles so gibt, zum Beispiel die SocialSecurity Administration, bei der ich meine Social Security Number bekommen habe (ahnlich wie Personalausweisnummer). Außerdem wurde ein Bankkonto eröffnet, was sich als sehr zäh darstellte. Da mein Hostdad arbeiten musste, habe ich mich mit dem Fahrrad auf den Weg gemacht. In Deutschland sehr gut und umweltfreundlich, in den USA lebensmüde. Ich würde nicht behaupten, dass ich Angst hatte, aber angenehm ist anders. Keine echten Radwege, nur Gehsteige, die für Fahrräder zu schmal sind. Angekommen bei der Bank musste ich dann feststellen, dass es Probleme mit der Banking App gab, so dass ich wieder zurückfahren musste, um das iPad meines Hostdad´s zu verwenden. Als das dann funktionierte, konnte ich wieder zurück zur Bank fahren. Auf alle Fälle war das ein gutes Workout und ich war happy, endlich ein amerikanisches Konto zu haben.

Da Washington D.C. nur eine Stunde Autofahrt entfernt liegt, habe ich hier Ende August einen Tag verbracht und mir alle Sehenswürdigkeiten im Schnelldurchlauf angeschaut. In D.C. kann man eigentlich den ganzen Tag durch die Gegend laufen, da es alle paar Meter etwas zu sehen gibt. Für die Strecke vom Washington Monument zum US Capitol habe ich mir dann doch ein Fahrrad ausgeliehen, weil diese Strecke verhältnismäßig weit ist (40 Minuten zu Fuß, einfach). Wie es dann natürlich so ist in solchen Situationen ist, fährt man ohne Hintergedanken entspannt durch D.C. und plötzlich steht eine weitere Teilnehmerin vom PPP neben mir. Marit lebt nur knapp außerhalb von D.C., damit habe ich trotzdem nicht gerechnet.

Weiter ging es dann ein paar Tage später: Der erste Schultag am Community College of Baltimore County stand an. Das komplette Gelände ist riesig und am Anfang fiel es mir sehr schwer mich zurecht zu finden mit all den verschiedenen Gebäuden und Kursen. Gott sei Dank ist alles gut ausgeschildert, so dass ich pünktlich zu meiner ersten Stunde „Introduction to Kinesiology“ da sein konnte. Meine anderen beiden Kurse sind „Principles of Management“ und „Fundamentals of Media Production“. Für das College bekam ich von unserem Programm neun credits zur Verfügung. Ich habe drei Kurse mit je drei credits ausgewählt. Von den dreien sollten zwei berufsbezogen sein - jetzt dürft ihr raten, welche das sind :).

Ich habe zwar noch nicht in Deutschland studiert, grundsätzlich finde ich aber, dass es an meinem College sehr hausaufgabenlastig ist. Die Hausaufgaben werden in der nächsten Stunde eingesammeltund bepunktet. Am Ende werden alle Punkte zusammengerechnet und es ergibt sich eine Note. Die Lehrer sind sehr entspannt und hilfsbereit, wenn es Probleme gibt. Trotzdem ist das Arbeiten eher selbstständig und es wird einem nicht hinterher gelaufen. Das College an sich ist nicht schlecht. Müsste ich jedoch Geld für jeden einzelnen credit zahlen wie alle Studierenden hier, würde ich mir vielleicht zweimal Gedanken darüber machen.

Nach zwei Schultagen hatte ich dann keine Lust mehr Bus zu fahren und so habe ich mir dann mein Auto gekauft. Mit großen Kopfschmerzen begleitet wurde es am Ende ein Chevrolet Malibu Lt. Baujahr 2016. Den Preis konnte ich zwar noch etwas herunter handeln und es war das beste Preis-Leistungsverhältnis, das ich finden konnte. Eine billigere Option wäre trotzdem nicht schlecht gewesen. Im Vergleich zu den anderen Teilnehmern liegt der Preis aber wahrscheinlich ziemlich im Durchschnitt. Immerhin habe ich ein Auto, das fährt und damit bin ich jetzt auch zufrieden. Ich hoffe, es möglichst teuer im Juni wieder zu verkaufen.

Damit endete dann auch der ereignisreiche Monat August mit den ersten tollen Eindrücken. Es folgt ein September, wo das Alltagsleben so richtig beginnt. Wenn ihr sehen wollt, was aktuell so passiert, dann könnt ihr mir gerne auf Instagram unter @seppiinthe_us folgen.

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